Weihnachten und Neujahr an einem Tag - das geht auf Bali
Moya bleibt allein
Das erste Mal überhaupt wagen wir es, Moya mehrere Tage alleine vor Anker liegen zu lassen. Bei unseren bisherigen Landausflügen lag unsere Lady immer sicher am Steg vertäut. Wir zögerten kurz, es war schon ein seltsames Gefühl, unsere Dame sich selbst zu überlassen, aber die Vorraussetzungen waren optimal: die Bucht ist gegen die vorhergesagten Südwinde geschützt, der Ankergrund ist super und das Wasser nur 6 Meter tief. Wir schlossen Tilly an Land an, packten die Paddel und unsere Rucksäcke in unseren silbernen Flitzer und starteten am ersten Weihnachtstag ins Landesinnere. Dieses Mal wollten wir Bali richtig kennen lernen, anstatt uns nur durch das Straßenlabyrinth der Insel zu kämpfen. Viel zu kurze 3 Tage und zwei Nächte wollten wir uns dafür Zeit nehmen. Die Frage der Fragen war: Wo anfangen? - die Möglichkeiten schienen schier unbegrenzt, selbst nachdem wir alle Strände und Wassersportangebote strichen.
Tempel über Tempel
Da Bali nicht wie der Grossteil von Indonesien muslimisch, sondern hinduistisch geprägt ist, sollte ein Tempel unser erstes Ziel sein. Gefühlt gab es mindestens 1001 zur Auswahl, der erste gleich am Strand neben unserem Dingi, wo gerade als wir vorbei kamen eine Frau mit einem Tablett kleine, hübsch verzierte Körbchen mit Räucherstäbchen, Blumen und sonstigen Opfergaben verteilte. Überall stehen die kleinen Schälchen herum, in den Tempeln und Schreinen, aber auch auf dem Boden und Gehsteig, so dass man tierisch aufpassen muss nicht ausversehen hinein zu treten. Neben den privaten Haustempeln, die viele Haushalte hier haben, hat jeder noch so kleine Ort mindestens drei Temple, den Pura Puseh - Tempel des Ursprungs, den Pura Desa - Tempel zum Schutz der Dorfgemeinschaft und den Pura Dalem, den Tempel der Toten. Alle Tempel sind zwischen den Bergen und dem Meer sowie zwischen dem Sonnenauf- und -untergang ausgerichtet. In den Tempeln werden die Götter der hinduistischen Trinität Brahma (dem Schöpfer), Shiva (dem Zerstörer) und Vishnu (dem Beschützer) verehrt, aber nicht nur die, denn der Glaube der Balinesen ist kompliziert, weicht vom klassischen Hinduismus ab und wird durchdrungen vom früheren animistischen Glauben der beseelten Natur. Drei Tage waren für mich eindeutig zu wenig, um dieses komplexe Zusammenspiel verschiedener Strömungen zu verstehen. Allerdings habe ich den Eindruck, dass die Balinesen ein sehr spirituelles, aber relaxtes Volk sind, die versuchen zur richtigen Zeit das Richtige zu tun und das Falsche möglichst zu lassen.
Wir feiern Galungan und Weihnachten
Wir waren dieses Mal definitiv zur richtigen Zeit am richtigen Ort und durften bei den Feierlichkeiten von Galungan am 26. Dezember teilhaben. Galungan ist der höchste Feiertag auf Bali, wird alle 210 Tage zum Anbruch des neuen balinesischen Jahres und dem historischen Triumph von Dharma über Adharma gefeiert. Spätestens am 25. Dezember stellen die Balinesen lange, hübsch dekorierte Bambusstangen vor ihren Häusern auf, deren Enden sich über die Straße neigen und so festliche Alleen bilden. Wahnsinnig schön! Heute waren alle Männer in weißen Hemden, Sarongs und weißen Stirnbinden unterwegs. Die Frauen mit bunten Sarongs und meist gelb oder orangefarbenen Spitzenoberteilen und Schärpen um die Taille. Alle sahen sehr festlich aus. Und sie waren geschäftig dabei, ihre Familien zu besuchen, in Tempeln zu beten und die bösen Geister zu verscheuchen. Wir besuchten eher zufällig die heiligen Quellen von Titra Empul und waren dort goldrichtig. Viele Balinesen kamen genau hierher um dort zu Beten, ihre großen Körbe mit Opfergaben niederzulegen und das heilige Wasser mitzunehmen, mit dem sie später ihre Häuser von dem Bösen befreien würden. Hunderte von Menschen saßen in den Tempelmauern und beteten je fünfmal mit beiden zusammen gelegten Händen über dem Kopf zu Shiva, Brahma und Vishnu und legten nach jedem Gebet eine gelbe, rote oder blaue Blume hinter die Ohren, auf den Kopf oder auf den Boden. Die Zeremonie wurde von leisem Klingeln begleitet und Mönche versprengten heiliges Wasser.
Schon am Vortag haben wir am Bergtempel Pura Luhur Batukaru das Ende einer Zeremonie mit angeschaut und den nachfolgenden spirituellen Tanz der Frauen. Für mich war die Andersartigkeit absolut faszinierend.
Nach der Zeremonie fuhren wir zurück nach Ubud, wo wir in einem kleinen Bed and Breakfast wohnten, wurden aber auf dem Weg dorthin mehrfach aufgehalten. Prozessionen zogen durch die Straßen, oft begleitet von einem Barong, einer löwenartige Gestalt, die die bösen Geister vertreiben soll. Vor allem die Jungs waren schwer beeindruckt von dem mystischen Tier, das wir am Abend sogar noch tanzen sehen durften.
Legong und Barong im Ubud Palast
Ubud ist das kulturelle Zentrum von Bali. Nirgendwo anders auf Bali gibt es mehr Vegane Cafes, Yoga work shops, Spas, Meditationsangebote, Boutiquen, BioRestaurants und Gallerien. Viele Künstler leben hier und auch die Touristen werden magisch von diesem Ort angezogen. Wo sollte man also besser als hier einen der balinesischen Tänze erleben können? An Galungan mussten wir einfach den Barong tanzen sehen. Zwei Männer hauchten dem riesigen Tier Leben ein, klapperten mit dem Holzmaul und interagierten gutgläubig mit einem Affen, der den Barong an der Nase herumführte. Es war unbeschreiblich! Genauso wie der klassisch balinesische Legong, bei dem sich die hübschen Frauen wie Roboter bewegten, den Blinzelreflex unterdrückten und die großen Augen in Perfektion rollten.
Unsere heutige Weihnachtsfeier war unkonventionell, aber durchaus geprägt von Tradition und Religion.