Bebender Sonntag in Tonga
Seit gestern Nachmittag sind wir schon in Neiafu, der Hauptstadt der Vava-U Gruppe auf Tonga. Die zwei Tage am Wind segeln hatten sich viel länger angefühlt, so dass wir alle wirklich froh waren die Passage hinter uns zu haben. Später sollten wir lernen, dass die Überfahrt von Niuatoputapu nach Vava-U für viele andere Segler ähnlich anstrengend war wie für uns. Mit den ersten Sonnenstrahlen seit Tagen liefen in die Vava-U Gruppe ein, das Wasser leuchtete tiefblau, die vielen kleinen Inselchen sind grün bewachsen und fallen so senkrecht ins Wasser ab, dass wir mit Moya längsseits hätten anlegen können, hätte es einen Poller geben. Das Wasser ist zwischen den Inseln ist glasklar und tief, vor dem Ort fast 50 Meter, deshalb vertäuten wir Moya an einer der zahlreichen Mooring Bojen zwischen rund 30 anderen Boote und tausenden Mondquallen, die elegant durchs Wasser floateten. Anstatt Entspannung nach der Passage war aber erst einmal Bilge leeren angesagt. Unser aufgegabeltes Wasser war in unsere Lebensmittelbilgen gelaufen und unsere Vorräte schwammen. Zum Glück war das meiste verpackt, so dass wir nur wenig entsorgen mussten. Allerdings dauerte die Entsaftungs- und Putzaktion trotz schlafender Kinder mehrere Stunden, bis eben alle Dosen und Verpackungen vom Salzwasser befreit waren.
Heute Morgen schalten wir gleich nach dem Frühstück erst einmal unsere Funke ein. Auf Kanal 26 gibt es hier das morgendliche Cruisersnet, beim dem alles was wichtige sein könnte besprochen wird: Notfälle, Wetter, Crewgesuche, Suche nach Ersatzteilen, Aktionen an Land... Danach ging es auf direkten Weg in die Kirche. Wie schon auf Samoa haben die christlichen Missionare damals auch auf Tonga ganze Arbeit geleistet. Die Menschen hier sind sehr gläubig. Als wir einige Minuten nach 10 Uhr in der großen Kathedrale ankamen, war diese bereits bis auf den letzten Platz gefüllt, bestimmt 300 - 400 Menschen saßen innen und auch vor den offen stehenden Türen um dem Priester zu lauschen und zu singen. Der ganze Ort schien hier zu sein, die Straßen waren wie ausgestorben, man sah kein Auto und keine Menschenseele weit und breit. Von Neugeborenen bis zur Oma waren alle hier, geschniegelt und gestriegelt in allerbester Festtagskleidung. Die Männer in LavaLavas, die Frauen in Röcken und Blusen mit den traditionellen Bastmatten um die Hüften gewickelt. Schon als wir zur Kirche hinauf liefen, schalte uns der inbrünstige mehrstimmige Gesang der Gemeinde entgegen - ich bekam direkt Gänsehaut, noch nie hatte ich eine Kirchengemeinde so schön und kraftvoll singen hören. Später sahen wir, dass das wohl regelmäßig geübt wird, ein Dirigent koordiniert den Gesang. Der Gottesdienst war teilweise in englisch, der Hauptteil in tonganisch und ähnelt einer katholischen europäischen Messe. Allerdings wird hier auch schon mal gelacht. Im Anschluss fuhren die meisten Familien mit ihren Autos nach Hause, viele auch in ihrer schicken Kleidung auf der Ladefläche der Pickups.
Im Ort war nicht viel los, nur das Cruiser Cafe unten am Steg hatte geöffnet, wo wir mit der La Pecadora Crew zu mittag aßen und unser erstes Erdbeben erlebten. Zwischen Fiji und Tonga bebte die Erde mit 8.2 auf der Richterskala, wir merkten davon hier aber nur ein Ruckeln des Stegs. Die Cruiser schauten sich irritiert um, die Einheimischen waren aber ganz gelassen, das scheint hier öfter mal vorzukommen. Später versumpften wir auf der Magic, einem australischen Kinderboot, mit den Familiencrews von Yonder und Westy und erfuhren wie glimpflich wir die Etappe von französisch Polynesien bis Tonga durchsegelt hatten. Bei den anderen Booten waren Segel zerfetzt, Segellatten gebrochen, Fenster im Sturm verloren gegangen, es gab einen Motorschaden, einen ausgefallenen Autopiloten, gebrochene Wassertanks, und ein Schiff das kurz vor Vava-U wegen des Gegenwindes umdrehen und den ganzen Weg nach amerikanisch Samoa zurücksegeln musste. Unsere paar Liter Wasser in der Bilge waren da zwar nervig, aber selbstverschuldet und außerdem kalter Kaffee im Vergleich zu den Erfahrungen unserer Mitsegler.