Ateo Oa Kimuta!
Die Insel Kimuta ist als einzige der Renard Gruppe bewohnt und nur einen Hüpfer von Epoko entfernt, so dass es nahe lag den Einheimischen einen Besuch zu versprechen. Allerdings war es gar nicht so einfach bis ins Dorf zu gelangen, vor Kimuta liegen große Korallenriffe. Wieder halfen uns die Wegpunkte, die Phil Bailey als Dim Dim Passage beschreibt, für die Riffnavigation. Der Riff Durchgang kurz vor der Lagune war allerdings so schmal, dass wir uns trotz der exakten Wegpunkte nicht hineintrauten. Die Locals sahen das und lotsten uns mit ihren Booten hinein. Wir ankerten in sechs Meter tiefen Wasser (10°50,44' S / 152°59,21' O) über weißem Sand fast ohne Bommies (Korallenköpfe).
Bereits kurz nach unserem Ankermanöver tuckerten wir mit Tilly an Land, Riven hatte eine Runde mit einem Segelkanu in Aussicht gestellt. Beim Näherkommen sahen wir bereits Karen und Greg zwischen duzenden, wenn nicht hunderten von Einheimischen am Strand. Wir Dim Dims (Weißen) waren definitiv die Attraktion des Tages - nur eine andere Yacht war in diesem Jahr zu Besuch in Kimuta. Christian, Karen und Greg segelten eine kleine Runde mit dem Auslegerkanu, während ich mit den Kindern an Land blieb und einen Blick in die am Nachmittag leeren Klassenzimmer der Schule schmiss. Auf unserem Rundgang durchs Dorf waren wir nicht alleine, bestimmt 50 Kinder zogen mit uns durchs Dorf und führten uns stolz zur Schule und zum Fußballfeld. Am nächsten Tag sollte das grand Final der lokalen Fussball Meisterschaften stattfinden - sechs Teams gibt es auf der Insel, die jeden Samstag um 13 Uhr gegen einander spielen. Alle, inklusive uns, freuten sich auf das Fußballspiel. Wegen eines Todesfalls auf der Insel wurde es dann aber um eine Woche verschoben.
Zurück am Strand waren die jungen Männer gerade dabei die riesigen Seegurken in aufgeschnittenen Fässern abzukochen. Die Gurken werden so haltbar gemacht bis sie von lokalen Firmen abgeholt werden. Danach gehen sie auf die Reise nach China und Korea, wo sie dann sehr teuer verkauft werden. Auf meine Frage, ob jemand schon einmal probiert hätte wie so eine Seegurke schmeckt, schauten mich die Einheimischen verständnislos an - wieso sollten sie auch bares Geld aufessen? Das Einkommen der Menschen hier zeigte sich an einigen Stellen. Die Häuser waren zwar hauptsächlich aus Palmenblättern gebaut, ruhten aber teilweise auf betonierten Pfählen. Das ein oder andere Wellblechhaus war auch dabei und wir sahen sogar ein Haus mit Satellitenschüssel und eins mit 10-15 Außenbordmotoren zur Reparatur. Heute besuchten wir die Kirche, in der mit E-Gitarre und E-Piano Lieder gespielt wurden. Alles undenkbar für die Banks Inseln von Vanuatu, wo Chief Nikelson eine Lüsterklemme an unserer selbstgebauten LED Lampe ablehnte, da er keinen Schraubenzieher besitzt.
Am nächsten Morgen gingen wir Richtung Dorf und trafen unterwegs Carlos und seine Familie. Sein neunjähriger Sohn hatte einen Malariaschub und zitterte am ganzen Körper. Sie waren unterwegs zu dem kleinen medizinischen Aussenposten im Dorf um nach Medikamenten zu fragen. 15 Malariafälle pro Woche bei 900 Bewohnern ist eine ganze Menge, aber es war wohl schon schlimmer. Wir selbst haben noch nicht eine Stechmücke gesehen, was wohl vor allem daran liegt, dass wir spätestens um halb fünf wieder an Bord von Moya sind und Anopheles bei ein bißchen Wind nicht hinaus aufs Meer fliegt. Wir boten Carlos an heute mit uns nach Misima zu segeln, wenn er keine Medikamente bekommen sollte. Da wir jetzt alleine unterwegs sind, gehen wir davon aus, dass er erfolgreich war.
Später trafen wir Jasper - eine Seele von einem Mensch! Der 25-jährige junge Mann saß bei uns unter dem großen Baum im Schatten, neben ihm saß Timothy. Ich fragte ihn, ob er Kinder habe. „No.“ Auf meine Nachfrage „Not yet?“ erntete ich schallendes Gelächter. Was ich nicht gesehen hatte war, dass die beiden jungen Männer Händchen hielten. Jasper sprach hervorragendes English, er unterrichtet im Dorf Religion an der Schule - jeden Tag eine Stunde pro Klasse. Er war in Misima auf die höhere Schule gegangen und jetzt zurück im Dorf. Er lud uns zum Gottesdienst heute ein und dort lernten wir, dass er auch die Musikgruppe der United Church koordiniert und selbst ein großartiger Sänger ist. Um 11:00 Uhr ging es los, nachdem eine alte Gasflasche geläutet wurde. Die Gemeinde trudelte langsam ein, bis die Kirche randvoll von auf dem Boden sitzenden Menschen war - rechts die Frauen, links die Männer. Die erste halbe Stunde wurde lautstark gesungen und getanzt. Victoria - ich kannte sie bis dahin nicht - stand neben mir, griff meine Hand und tanzte mit mir zusammen, ganz hinten bei der Tür. Danach verließen die Kinder die Kirche und es ging weiter mit Lesungen aus der Bibel. Gelesen und gepredigt wurde von verschiedenen Frauen des Dorfes, der Pastor übernahm nur ganz kurz am Ende des Gottesdienstes das Wort. Der Gottesdienst war teilweise in englischer Sprache, teilweise im Misma Dialekt. Unser Besuch kam immer wieder während des Gottesdienstes vor und gipfelte damit, dass die gesamte Gemeinde uns am Ende die Hand schütteln wollte. Die Frau des Pastors brachte uns hinterher noch Reis und selbst gebackene Brötchen, um sich bei uns zu bedanken. Wir waren sprachlos von der Grossszügigkeit der Menschen und sagen Ateo Oa - Danke vom Herzen!