Ein schimmerndes Tuch
war der Pazifik heute. Glatt wie ein Spiegel, nur leicht bewegt von sehr weit her gleitenden sehr langem, kaum merklichem Schwell. Im Wasser reflektierten sich heute Nacht die Sterne, der Mond und die Milchstrasse, so dass es aussah, als ob es aus der Tiefe leuchtete. Am Tage spiegelten sich die Wolken. Nicht der kleinste Windhauch war zu spüren. Wir drifteten durch die Nacht, warteten auf Wind, der ja hätte kommen sollen, am Morgen erst schalteten wir dann Henry an, der seitdem mit nur kleinen Unterbrechungen vor sich hin schnurrt. Atemberaubend schön ist der Ozean, wenn er so zahm ist und glänzt in dem schönen tiefem Blau - soweit das Auge reicht.
Gestern Morgen waren wir ein bißchen traurig Anker auf gegangen. Die Wettervorhersage hatte ab nachmittags Wind vorhergesagt, der dann am Samstag einer totalen Flaute weicht. Wir wollten den Segelwind nutzen um in zwei Nächten und einem Tag nach Tahanea zu segeln. 140 Meilen lang ist die Passage und bei gutem Wind an einem Tag machbar, aber nur schwierig wenn der Zeitplan von Stillwasser noch berücksichtigt werden muss. Um ein bißchen Puffer zu haben planten wir eine 36-stündige Überfahrt damit wir am Samstag morgen vor dem Pass von Tahanea auf slack water warten können. Da die Sonne nachmittags aus Richtung des Passes scheint, die Strahlen im Wasser reflektieren und somit die Korallenköpfe und Rifflets nicht oder nur sehr schwer zu erkennen sind, tuckerten wir gleich nach dem Frühstück und dem see-you-later bei Katja und Matthias los. Morgens steht die Sonne hoch, so dass man eine bessere Sicht auf die Unterwasserwelt hat. Noch besser wäre nur die Sonne im Rücken zu haben, so wie bei unserer ersten Fahrt über die Lagune, als wir die Korallen schon von weitem erblickten. Mit unserem GPS track der Hinfahrt und der Seekarte mit den von uns markierten Riffen war der Rückweg zum Pass straight forward.
Unterwegs hielt Christian sogar bei einem der vielen Miniriffen an, ließ mich ins Wasser hüpfen für ein kurzes aber exzellentes Schnorchelabenteuer. Während man an den Korallenköpfen in Ufernähe hauptsächlich kleine Fische sieht, schwimmen hier auch die Großen zwischen prächtigen in fast allen Farben leuchtenden Korallen. Am Pass gingen wir vor Anker und schauten zu mit welcher Geschwindigkeit hier das Wasser aus dem Atoll hinausschloss. Wir ließen Kokosnussschalen schwimmen und verfolgten wie sie immer mehr beschleunigten bis sie durch die tiefste Stelle der Passes hinaus in den Ozean gerissen wurden. Rechts und Links vor dem Pass, schlugen die Wellen gegen die Riffe, während sich genau vor dem Pass stehende Wellen aufbauten, obwohl es absolut windstill war. Das Wasser war an dieser Stelle wie von einem Mixer durch gequirlt und sah respekteinflössend aus. Im seichten Wasser am Rande des Passes stellten wir uns in die Strömung und fühlten die Kraft, die die Strömung sogar hier noch hatte. Das Wasser, das die Wellen die letzten Tage an der Ostseite des Atolles in das Atoll hineingedrückt hatten, wollte wieder hinaus und es gibt nur diesen einen Abfluss.
Kurz vor Sonnenuntergang tuckerten wir dann durch den Pass, der Strom schob immer noch von hinten. Wir hätten gerne noch gewartet bis es noch ruhiger geworden wäre und der Wind angefangen hätte zu wehen, aber in der Dunkelheit wollten wir dann doch lieber nicht durch den Pass. Die kurze Fahrt durch den Pass verlief ruhig, wenn auch rasant, allerdings waren die Wellen vor dem Pass weniger nett und schüttelten uns ganz schön durch.
Auf den vorhergesagten Wind warten wir leider immer noch. Die Vorhersage hat dieses Mal ganz schön daneben gegriffen. Zu dumm, dass wir jetzt unseren wertvollen Diesel verbrennen müssen, um Morgen rechtzeitig am Pass von Tahanea zu sein.