Dubioser Empfang in Kroatien
Die letzte Nachtfahrt...
... unserer Reise hatte es nochmal richtig in sich. Der Südwind schob zwar von hinten, baute aber selbst hier in der kleinen Adria beträchtliche Wellenberge auf. Es wehte konstant mit über 30 Knoten, in Böen sogar in Sturmstärke. Unsere Windfahne war installiert und machte, so wie immer, einen hervorragenden Job Moya vor dem Wind zu halten. Unsere Lady rollte zwar leicht von rechts nach links und wieder zurück, aber das war nicht der Rede wert und kein Vergleich mit der Achterbahn auf den weiten Ozeanen der Welt.
Zum Wachwechsel verkleinerten wir die Segel. Moyas Grosssegel kam den Wellenbergen in der Schaukelbewegung zu nahe und unser Windpilot kämpfte auch schon. Christian kletterte also in finsterer Nacht nach vorne und zog das Grosssegel ins dritte Reff während ich Windy überwachte. Moya blieb auf Kurs, das hatten wir oft genug geübt. In zwei Minuten war alles erledigt. Selbst im dritten Reff fetzte Moya noch mit über 7 Knoten dahin. Ich war froh auf offener See zu sein, bei diesen Bedingungen kann ein Anker- oder Anlegemanöver gefährlich werden. Die Nacht verlief in gewohnter Routine. Um Mitternacht, eine Stunde nach Beginn meiner ersten Schicht, passierten wir die westlichste der kroatischen Inseln Otok Svetac in 5 Meilen Abstand. Sie lag direkt auf unserer Route nach Norden. Erst morgens erreichten wir wieder die nationalen Gewässer von Kroatien und nahmen Kurs auf Bozava, dem Einklarierungshafen.
Unser erstes Gewitter
Entlang der lang gestreckten Insel Dugi Otok durchsegelten wir doch tatsächlich die ersten Gewitterzellen auf unserer 2 jährigen Reise. Wir hatten Gewitter zwar schon öfter gesehen, sind aber immer an den Zellen vorbei geschrammt. Mitten durch mussten wir noch nie. Die Zelle war zum Glück klein und kam seltsamerweise ganz ohne Wind. Der erste Blitz krachte mit ohrenbetäubenden Donner geschätzte 500 Meter entfernt ins Wasser. Ich wäre fast von der Cockpitbank gefallen. Wir refften die mittlerweile wieder vergrößerten Segel und zogen schnell nach innen um. Joni kam direkt auf mich zugestürzt - er hatte offensichtlich Angst. Auch Joshi war das Ganze nicht geheuer - aber unser Kopf-Kind begnügte sich mit unseren Erklärungen, dass auf einem Stahlschiff bei Blitzeinschlag nur ein paar Geräte kaputt gehen würden, sonst aber keine Gefahr droht, solange man innen ist. Die Blitze kamen vor dem Regen. Erst als der Donner schon deutlich nach den Blitzen zu hören war, kübelte es. Der Spuk dauerte nur einige wenige Minuten an, wiederholte sich aber noch einige Male bis wir am Nachmittag die Nordspitze von Otok Dugi erreichten.
Abzocke auf ganzer Linie
Christian hatten bereits unterwegs immer wieder vergeblich versucht die Hafenbehörden von Bozava zu erreichen. Nachdem keiner über die Funke antwortete, versuchten wir es bei der Küstenwache, die uns dann an Split Radio verwies. Wir hatten schon im Internet gelesen, dass sich die Einreise in Kroatien schwierig gestalten kann und wollten deshalb alles richtig machen. Split Radio übermittelte uns erst Funkkanäle der örtlichen Behörden, und als diese unbeantwortet blieben, Telefonnummern. Mittlerweile waren wir in Bozava angekommen, wagten es aber nicht das Boot zu verlassen, um nicht illegal im Land zu sein. Letztendlich erreichten wir den Hafenmeister von Zadar am Telefon, der uns die Freigabe gab, zu der örtlichen Polizei zu laufen.
Auf der Suche nach der Polizei kamen wir an dem einzigen ATM von Bozava vorbei. Wir brauchten Kuna, um das Cruising Permit und die Einreisesteuern zu bezahlten, deshalb blieb mir nichts anderes übrig als die 13% Wechselgebühren plus 4€ Transaktionskosten zu akzeptieren. Da war ich schon etwas angesäuert. Das war einzigartig, wenn nicht weltweit dann zumindest in den 35 Ländern unserer Reise. Als wir die Polizei nicht fanden, wollten wir im Touristenbüro nachfragen und landeten versehentlich bei der Hafenbehörde. Dort bezahlten wir die Steuern und unsere Cruising Erlaubnis und wurden zur Polizei gebeten. Die sitzt in einem Hotel in der Nähe des Hafens. Wir klopften an, begrüßten den jungen Mann und sagten wer wir sind. Er erwiderte unsere Begrüßung nicht mit einem Hallo oder einer sonstigen Anrede, sondern mit “You will get fined!”. Wie sich herausstellte, war unser Vergehen, um Mitternacht bei Wind in Sturmstärke nicht in den Hafen von Komiza eingelaufen zu sein und unseren Papierkrieg dort zu erledigen, an dem nächstgelegenen Einreisehafen nach dem Befahren der Hoheitsgewässer. Irgendein Polizist scheint irgendwo im Hinterzimmerchen zu sitzen und die AIS tracks der Yachten auf den diversen Internetplattformen zu verfolgen, um mögliche Strafen davon abzuleiten. Nach internationalem Seerecht, das von Kroatien nicht nur ratifiziert, sondern auch im nationalem Recht verankert ist, haben wir das Recht territoriale Gewässer zu kreuzen, solange wir nicht in die inneren Gewässer, die sich hinter der äußeren Insellinie befinden, vordringen. Das haben wir aber erst am Nachmittag kurz vor Bozava nach Funkkontakt zur Küstenwache und Splitradio gemacht, und sind dann unmittelbar zur Polizei. Das interessierte ihn nicht, genauso wenig wie die Tatsache, dass ein Anlegen in Komiza bei Nacht und Sturm gefährlich für Schiff und Besatzung gewesen wäre.
Was ist hier nur los?
Zurück im Hafen wurden wir dann erstmal zur Kasse gebeten. 15€ für Strom, ob wir wollten oder nicht und natürlich die Anlegegebühren in Hafen. Heute Morgen hatte dann ein kleines Motorboot längsseits an Moya angelegt. Wir wollten ablegen und fragten den Hafenmeister was wir mit dem kleinen Schiff machen sollten. “Just remove the Line and leave”. Auf unsere Rückfrage, ob er sich sicher sei, da ja so das Boot beschäftigt wird, da es nicht nach hinten gehalten wird und an die Hafenmauer rumst. War seine Antwort: “Das ist sein Problem!” Wie bitte? Ich stieg über und befestigte unsere Mooringleine an dem kleinen Boot, als wir ablegten. Wenn der Hafenmeister sie nicht für eine andere Yacht entfernt, sollte das Boot nun sicher liegen.
Die letzten 24 Stunden lassen mich entsetzt zurück. Auch wenn die Inseln hier schön und das Wasser traumhaft klar ist, ist mein erster Eindruck von Kroatien vernichtend. Christian kommentiert: “Willkommen im Ägypten Europas!”