... an denen wir uns besser morgens im Bett umgedreht und weitergeschlafen hätten, gibt es zwar nicht so häufig an Bord, aber gestern gehörte definitiv dazu. Im Bett wären wir wenigstens nicht rückwärts gestolpert. So aber standen wir morgens voller Tatendrang auf und blickten nach einem langen Tag auf ein vernichtendes Fazit. Nichts von dem was wir uns für den Tag vorgenommen hatten, hat auch nur annähernd funktioniert. Im Gegenteil, unsere Projektliste war sogar noch angewachsen. Aber der Reihe nach:
Herdentrieb am See der schwangeren Jungfrau
Da wir gerade ohnehin schon da waren, beschlossen wir uns den Süßwassersee noch anzuschauen, bevor wir die nächsten Tage mit Boot Instandhaltung beschäftigt sein würden. Instandhaltungsarbeiten waren noch an keinem Ort auf unserer Reise einfach gewesen und sind mit dem verlassen Europas exponentiell schwieriger geworden, deshalb hatte weder der Capitano noch ich große Lust anzufangen. Wir schnappten uns also Tilly und tuckerten zu dem großen Bootsanleger, wo seit dem frühen Morgen schon Ausflugsboote im Minutentakt festmachten. An Land standen einige Häuser, in welchen Souvenirs, Essen und Trinken verkauft wurden und natürlich das Häuschen an dem man für 6 Ringgit ein Armbändchen erwerben konnte, das einem den Eintritt in den Geopark erlaubte. Wir waren nicht allein. Hunderte von Touris wurden aus den Ausflugsbooten gespuckt. Sie alle schleppten sich, schön aufgereiht, den kurzen, mit Duzenden von Hinweisschildern geschmückten, Weg durch den Wald bis zum See. Auf dem Schildern erfuhren wir wie gefährlich das leben hier am See sein kann, dass man ohne Schwimmweste nicht im Wasser schwimmen oder gar Tretboot fahren darf, dass die Makaken gerne Essen und Trinken klauen, und dass auch sonst keinerlei Haftung für -was auch immer- übernommen wird. Es war skuril, zu sehen wie die Herde Homo Sapiens sich in einer großen Schlange bis zum See arbeitete, unterwegs sich einige Exemplare kreischend von den niedlichen Äffchen beklauen ließen und die ganze Bande sich dann nach 10 minütigem Marsch Schwimmwesten auslieh. Der kleine abgesperrte Bereich am Steg war einfach zu verführerisch, um ins Wasser zu plumpsen. Alternativ waren die Tretbootschwäne und Elektroboote ganz hip, um in einem Radius von 100 Metern Kreise um den Steg zu drehen. Wir schauten ungläubig und bogen auf den verlassenen Wanderweg ab, der ein Stückchen, um den See herumführte. Vom Seeende konnten wir aufs Meer hinausschauen, genau dort lag Moya. Bevor wir uns durchrangen Anker auf zu gehen, hielten wir noch an dem kleinen feinen Sandstrand an, an dem alle Ausflugsboote vorbei flitzte und badeten ganz ohne Schwimmwesten im Meer.
Arbeiten im Royal Langkawi Yacht Club
Bereits zwei Stunden später lagen wir fest vertäut in der Marina am Rande von Kuah. Der Royal Langkawi Yacht Club ist riesig, vermutlich die größte Marina seitdem wir die Karibik verließen. Neben den vielen Seglern, liegen hier auch die großen Superyachten am Steg, von denen wahrscheinlich die Gangway so viel kostet wie unser ganzes Schiff. Neben dem Marina Office gibt es eine ganze Reihe von Restaurants und Geschäften und Kuah ist in Laufentfernung. Langkawi insgesamt ist einer der besten Orte in Südostasien, um Bootsreparaturen durchzuführen. Hier gibt es Werften, Baumärkte, Bootszubehörläden und vor allem jede Menge Boote, die ja auch irgendwie unterhalten werden müssen. Nachdem wir uns schon wiederholt die Hacken erfolglos nach Ersatzteilen krumm gelaufen haben, wollten wir dieses Mal alles richtig machen, wählten den Ort mit der besten Infrastruktur und bestellten die wichtigsten Ersatzteile aus Deutschland. Der Duty free Status der Insel ersparte uns den gewöhnlichen Spass mit dem Zoll und unser Paket lag tatsächlich ganz brav im Büro der Marina. Eigentlich konnte es also losgehen, aber wie immer ist Boot Instandhaltung eine große Wundertüte mit jeder Menge Überraschungen.
Ein Schritt nach vorne, zwei zurück
Wir starteten wie immer indem wir unsere Schleifmaschine auspackten. Das letzte Mal Rostbekämpfung lag bereits 6 Monate zurück und unsere Stahllady zeigte einige kleine, hässliche Schlieren. Ein bißchen Kosmetik würde Moya gut tun. Der erste Tag ist immer der schlimmste: die Farbe muss ab, der darunter liegende Rost weg und bis auf das blanke Metall geschliffen werden. Danach entfernen wir kleinste mögliche Rückstände mit einem auf Phosphorsäure basierendem Rostentferner, waschen das Zeug nach der Einwirkzeit ab, bevor dann die erste Schicht der Grundierung aufgebaut wird. Danach brauchen wir nur ein paar Tage gutes Wetter und jeden Tag ne Stunde Zeit zum pinseln: erst die zweite Schicht Grundierung, am Tag danach eventuell eine Schicht Filler, am nächsten Tag Grundierung, danach die erste Schicht Lack und am letzten Tag die zweite Schicht Lack. Grundierung und Lacke haben wir noch von Europa an Bord, deshalb gingen unsere Entrostungsaktionen auch an den entlegensten Winkeln der Erde, letztes Mal in Raiatea.
Nach einem routinierten, wenn auch arbeitssamen Tag, wagten wir uns gestern an die anderen Projekte auf unserer Liste. Schon seit einer Ewigkeit steht dort: Impeller tauschen. Der Impeller ist eine Pumpe, die das Salzwasser für die Motorkühlung ansaugt und somit essentiell. Der Capitano hatte nur bisher immer Skrupel das Ding auszubauen und Bedenken bei Problemen im Nirgendwo vielleicht ohne funktionstüchtigen Motor dazustehen. Zurück in der Zivilisation musste das Ding jetzt endlich getauscht werden, zumal wir vier Stück davon als Ersatzteile mit uns herumfahren. Christian baute das Gummirädchen aus, steckte das Ersatzteil rein und dann passierte es, eine der Schrauben brach beim Zuschrauben. Die Schraube musste aufgebohrt werden. Der Ölfilter war im Weg. Nachdem Christian den Filter ab hatte, reichte der Platz zum Bohren immer noch nicht. Außerdem hatten wir in unserem endlos Schraubensortiment, ausgerechnet genau diese Schraube nicht als Ersatz.
Inzwischen war ich mit den Kindern in die Stadt gelaufen. Wir wollten eine Pütz (stabiler Eimer mit Öse im Henkel), eine Schleifmaschine und ein neues Radio erstehen. Es war unglaublich heiss und weiter als erwartet. Die Kinder kriegten ganz rote Köpfe von der Hitze und moserten. Zum Glück waren sie gut eingecremt, so dass es wenigstens keinen Sonnenbrand gab. Im Bootszubehörladen bekamen wir ein entrüstetes “I don’t sell buckets” auf unsere Frage nach der Pütz. Im Baumarkt gab es auch keine Eimer und überraschend auch keine Schleifmaschine. Einen Haarschneider oder Ventilator hätten wir bekommen, aber der DIY führt offensichtlich keine elektrischen Geräten zum Handwerken und die Verkäufer schauten mich an, als ob ich die Erste war die jemals danach gefragt hat. Wie kann man nur eine Schleifmaschine in einem Baumarkt suchen? Nach einer Stunde Fussmarsch standen wir dann vor den verschlossenen Toren von HE Trading. Laut Internet hätte der Laden offen haben sollen, die Chinesin nebenan erklärte mir der Laden hätte wegen dem chinesischen Neujahrsfest um die Mittagszeit geschlossen und wäre auch die nächsten drei Tage zu. Ich gab auf mit den Kids durch die Hitze zu laufen und bestellte ein GRAB Taxi. Vor dem Samsung Store stellten wir fest auch hier war alles fest verschlossen. Erst jetzt fiel mir auf, dass 95% aller Rollläden geschlossen waren, fast alle Läden gehören hier Chinesen. Malaysier arbeiten ganz normal erklärte mir der Fahrer. Langsam bekam ich auch so eine Idee warum wir niemanden bei Steelway erreichten. Vielleicht gehört die Firma, bei der wir unsere Ankerkette neu feuerverzinken lassen wollten dann auch Chinesen? Unverrichteter Dinge kehrten wir in die Marina zurück mit der Hoffnung, dass Christian einen großen Schritt weiter gekommen ist...
Zum Glück war heute ein besserer Tag. Christian improvisierte und fand einen anderen Weg unseren Impeller ein zu bauen. Er baute unser neues Funkgerät ein und reparierte unterwegs noch unser AIS, dessen Handicap natürlich erst jetzt durch den Einbau der neuen Funke ein Problem darstellte. Ich pinselte die nächste Farbschicht, schliff den Durchgang zur Küche mit der Hand am Arm, der alte Lack hatte sich angefangen vom Holz zu lösen, und ölte das Holz anschließend. Jetzt sieht es aus wie neu. Auch heute ging alles -wie immer- langsamer als gedacht, aber es ging voran und Zeit für einen Kaffee am Marinapool blieb auch noch.