Atlantikcrossing Tag 6: Von Flauten und Segeln
Am Spätnachmittag gestern ist dem Wind völlig die Puste ausgegangen, der Windanzeiger drehte sich im Kreis, Moya schwamm wie in einer Badewanne, nicht mal die Segel haben mehr geflattert sondern sind nur noch schlaff nach unten gehangen. Nur noch sehr wenig lange Atlantikdünnung von sehr weit entfernten Windsystemen sorgten ab und an für ein wenig Bewegung. Das Rauschen des Atlantiks wurde abgelöst von gelegentlichem Gluggern und Stille. Moya stand - zumindestens fast.
"Essen wir erst mal was und schauen dann nochmal nach dem Wind, bisher gab es bei Sonnenuntergang immer wenigstens ein bißchen Wind" sagte ich und fing an in der Küche zu werkeln. Es gab Nudeln mit weißer Soße - das Lieblingsesssen von Joshi und Joni - dazu Salat, eine Flasche Mineralwasser und für jeden eine Kugel Ferrero Roche um die Spirits zu heben. Joni kriegte einen Freudenausbruch, strahlte über beide Backen und rief "Yeah, Blubberwasser! Blubberwasser!" Mineralwasser ist mittlerweile etwas ganz Besonders geworden und bei den Kindern auf einer Ebene mit Limonade angesiedelt, da wir sonst an Bord nur selbst gemachtes Wasser trinken.
Als die Sonne hinter dem Horizont verschwand und die Wolken rötlich anstrahlte gab es leider immer noch kein Lüftchen und wir holten mit dem letzten Tageslicht unser Leichtwindsegel ein. Ein bißchen zögerlich startete Christian Henry. Es kam ihm nicht so ganz richtig an unseren Diesel zu verblasen, wo er doch wusste, dass unser Tank nicht bis zur anderen Seite des Wassers reichen wird, die nächsten 2 Tage noch seeehr wenig Wind vorhergesagt ist und außerdem ist dann unsere schöne Segelstatisik hin. Bisher waren wir ungefähr 90% der Reise unter Segeln unterwegs. Wir starteten den Motor trotzdem, um mit unserem Diesel nach ein bißchen Wind zu suchen, anstatt hier einfach rum zu stehen und so unsere Reise zu verlängern. Tatsächlich heute nacht um 3 Uhr war es dann so weit - ein Lüftchen 7 Knoten Wind von hinten. Also setzten wir unseren Blister und sammelten ein was da war - allerdings hat es fast nicht gereicht, das Segel schwankte bei jeder Welle hin und her und nur eine Stunde später hatte sich das Segel so um unsere Genua gewickelt, dass wir das Leichtwindsegel weder bergen noch entwursteln konnten. Christian weckte mich und da standen wir erstmal mit 2 Fragezeichen im Gesicht. Ziehen half nichts, also versuchten wir die Genua ein bißchen abzurollen mit der Hoffnung dass der Blister sich mitlöst - ohne Erfolg. Christian dachte schon an abenteuerliche Mastaktionen, bei denen er sich am Vorstag abseilen wollte, dann hatte er aber doch noch die brilliante Idee den Motor zu starten und mit Moya Kreise zu drehen. Damit gelang es uns schließlich das Segel zu lösen, es wanderte dann direkt in den Segelsack - für heute nacht hatten wir genug Leichtwindabenteuer gehabt.