Parallel Welten
Eigentlich steht Moya im Club Naval de Nazaré, der Marina von Nazaré. Es ist eine sehr kleine Marina, in der hauptsächlich kleine Böotchen für den Wochenend Fishing Trip liegen. Daneben gibt es auch einige wenige Segelboote, allesamt nicht so groß, Moya ist da schon bei den "Großen" dabei, obwohl sie nur 39 Fuß lang ist. Die Boote gehören fast ausschließlich Portugiesern die man aber oft nur am Wochenende im vorbei gehen trifft. Ganz anders sieht es im Hafen von Nazaré aus. Dort sind wir hingetuckert um Moya aus dem Wasser zu holen und am Unterwasserschiff zu arbeiten. Im Hafen liegen natürlich erstmal die Fischer. Wenn man über das Gelände geht wird überall gesägt, gestrichen und geputzt. Die Fischerboote hier sind fast alles aus Holz und es ist wahnsinnig interessant dem Schiffsschreiner zu zusehen wie er die Planken austauscht und aus alt wieder neu werden lässt - richtig künstlerisch. Zwischen den Fischerbooten lernt man tolle Menschen aus der ganzen Welt kennen. Menschen die mit ihrem Segelboot überwintern, andere haben die Welt umseglt, wieder andere bereiten sich darauf vor oder arbeiten hier. Alle sind sie unglaublich hilfsbereit, packen mit an oder haben einen guten Trick parat um das ein oder andere Problemchen zu lösen. Für mich ist es hier als würde ich mich in einer anderen Welt befinden. Die Arbeitswelt in der man von einer Deadline zur nächsten rennt wirkt Lichtwelten entfernt. Alles geht langsamer, weniger hektisch und manchmal auch weniger effizient. Das letztere ist manchmal wirklich eine harte Nuss, vorallem für mich die normalerweise alles durchtaktet ist es schwer zu ertragen ein Tag länger auf dem Trockenen zu stehen nur weil die Anoden nicht rechtzeitig bestellt wurden oder die Algen am Unterwasserschiff trocknen zu sehen nur weil Strom überraschend eine Vorraussetzung für den Betrieb eines Hochdruckreinigers ist. Ich werde es schon noch lernen - das mit der Gelassenheit - ganz bestimmt. Es tut gut hier zu sein, die Geschichten der Menschen zu erfahren und auf unseren Plan von dem großen Segeltörn mit den zwei Kleinen Interesse anstatt Entsetzen oder Unverständnis zu ernten. Die Menschen hier erzählen wie es Ihnen oder Freunden mit den Kindern auf dem Boot ging, so dass wir mit jeder Unterhaltung etwas dazu lernen. Seltsam, dass bei uns zu Hause die meisten Reaktionen auf unsere Segelpläne in zwei Gruppen eingeteilt werden können: i) die - ich nenne sie mal- Ignoranten- Menschen die gedanklich nicht mitgehen, die schnell das Thema wechseln "ich geh auch gern in Urlaub" und ii) die Prozessierenden - Menschen die nachfragen und mit jeder Frage ein größeres Fragezeichen in Gesicht bekommen. Oft endet das mit "Was macht ihr den wenn ein Kind auf dem Atlantik ein Blinddarmdurchbruch hat?" -Ja das wäre in der Tat ungut und ich hoffe wirklich sehr dass uns das, die Monsterwellen und Hurikans erspart bleiben. Immer wieder gehe ich die Risiken durch und hadere mit mir selbst - unser Boot unsere geplante Route und die Austattung minimieren das Risiko, aber es ist und wird nicht Null sein. Es ist ein gutes Gefühl zu sehen (und nicht nur zu wissen), dass wir nicht allein sind ein bißchen was Anders zu machen wie die Meisten.