Zyklonwache im Südpazifik im September
Seit ein paar Tagen schon beobachten wir das Sturmtief über den Salomonen. Es ist langsam entlang der Inselgruppe nach Süden gezogen und sah mit jeder Wettervorhersage bedrohlicher aus. So bedrohlich, dass es von dem Joint Typoon Warning Center (JTWC) als 91P Invest unter Beobachtung gestellt wurde. Das Warning Center sammelt Daten über Taifune, Zyklone und Stürme die sich potentiell in solche entwickeln können, informiert und erstellt Vorhersagen über die Zugbahn der Windsysteme.
Einen ausgewachsenen Zyklon im September gab es hier zwar noch nie seit Wetter aufgezeichnet wird, wir waren aber dennoch etwas beunruhigt, da wir in Vanuatu nur 400 Meilen entfernt sind und quasi im Vorgarten des Sturms herum segeln. Auch wir fingen an das System so eng zu beobachten wie wir konnten. Das hieß auch, dass wir erst einmal heraus finden mussten, wo wir verlässliche Vorhersagemodelle am besten bekommen können und diese notfalls auch ohne Internet abrufen können. Die Erde ist in verschiedene Teile aufgeteilt, für welche verschiedenen Institutionen für die Zyklonvorhersage zuständig sind. Die amerikanische NOOA übernimmt das größte Gebiet und ist für den Atlantik, den Zentral- und Ostpazifik zuständig. Die Australier übernehmen die Küsten rund um den Kontinent, Fiji Gewässer rund um die Inselgruppe. Für den Bereich der Salomonen ist das JTWC zuständig. Über ihre Internetseite (www.metoc.navy.mil.com) kann eine Übersichtskarte der aktuellen Stürme, sowie weitere Informationen zu jedem System heruntergeladen werden. Einen guten Überblick über die weltweite Hurrikan- und Zyklon-Situation findet man auch auf der Seite www.cyclocane.com, allerdings mit weniger Informationen. Vor allem die Vorhersage der Zugbahn und ihre Verlässlichkeit war für uns entscheidend, um Notfallpläne zu erstellen, deshalb wollten wir die vorhergesagte Bahn von 91P besser verstehen. Über die Seite www.tropicaltidbids.com konnten wir uns die graphische Darstellung der berechneten Zugbahnen unterschiedlichster Rechenmodelle detailliert anschauen und konnten so etwas besser einschätzen, ob wir uns im Gefahrenbereich des Sturms befinden. Über SMS bekommen wir Informationen über Ort und Zugbahn von Liua. Auch außerhalb des Internetbereichs können wir über Kurzwellenfunk, die aktuellen Informationen des Sturms beziehen und bleiben auch über das Pacific seafarer net (14.300 kHz, 0300 UTC) auf aktuellen Stand. Von zu hause schickt uns Flo noch regelmäßig Positionsemails, um alle Eventualitäten abzudecken (Danke, Flo!).
91P Invest wurde dann gestern Morgen unserer Zeit zum ersten Zyklon der Session und überhaupt ersten Zyklon im Südwestpazifik so früh im Jahr heraufgestuft. Noch niemals zuvor gab es hier einen Zyklon in September. Liua hält somit bereits den Rekord: erster Zyklon im Südpazifik. Der Kategorie 1 Zyklon entwickelte sich somit außerhalb der Zyklonsession die normalerweise am 1. November startet. Bis zum ersten Zyklon wollten wir eigentlich den Zyklongürtel verlassen haben und sind jetzt notgedrungen dabei Notfallpläne zu schmieden. Wir befinden uns ausserhalb der vorhergesagten Zugbahn von Liua, die nun nach aller Wahrscheinlichkeit nach Südwesten abdrehen wird. Die gestrige Vorhersage der Zugbahn ist bisher exakt eingetroffen, so dass wir zuversichtlich sind, dass Liua bis morgen früh an uns vorbei gezogen ist. Momentan befindet sich der Sturm ca. 200 Meilen nordwestlich von uns und über uns drückt die subtropische Rinne den Sturm weiter nach Westen.