Medieval Navpaktos & a night at the cliffs of Oxia
Geschichtsstunde hautnah
Bereits vom Meer kommend sieht Navpaktos beeindruckend aus. Nur eine schmale Lücke befindet sich in den dicken Steinmauern, die entlang der Küste eine dicke Barriere bilden und sich auch den Hügel hinaufwinden bis zur Burg, die das kleine Städtchen überblickt. Der Capitano lotste Moya durch die Steinmauern hinein in den kleinen Hafen, in dem sonst nur Fischerboote an den dicken Mauern lagen. Ich zögerte, ob wir da wohl wirklich festmachen sollten, aber Christian war ganz unbedarft, versenkte das Eisen an der Hafeneinfahrt, legte die Kette einmal quer durch das Hafenbecken und vertäute Moyas‘ Heck zwischen den kleinen Böötchen am Anleger. Es war ein großartiger Platz, um uns herum das Leben zu beobachten. Rings um den kleinen Hafen gab es Cafés und Tavernen, dahinter eine lebendige Straße und große, schattenspendende Bäume. Durch das Tor in der Hafenmauer konnten wir den belebten Kieselstrand sehen, daneben stand eine Statue von Miguel de Cervantes, dem Author von Don Quijote. Cervantes war 1571 nicht nur Augenzeuge der berühmten Seeschlacht zwischen der spanisch, venetischen Koalition und dem Osmanenheer, sondern verlor dabei auch seine linke Hand. Durch die Schlacht von Lepanto, dem damaligen Namen Navpaktos, wurde dem Vormarsch der Osmanen Einhalt geboten. Aber die Stadt war seit jeher heiß umkämpft, Athener, Venetianer, Römer, Türken, alle wollten die strategisch wichtige Stadt und damit den Golf von Corinth beherrschen.
Fast jeder Ort in Griechenland strotz nur so vor Geschichte, aber Navpaktos konzentriert sie regelrecht. Wir gingen durch die schmalen Gässchen, stiegen die engen Treppen hinauf, vorbei an traditionellen Häusern, alten Osmanen Bädern, befestigten Stadttoren, pinienbewachsenen Hängen bis hinauf zur Burg.
Geht nicht, gibt‘s nicht
Von oben sahen wir den Golf, die Berge des Peloponnes und die majestätische, neuartige Hängebrücke, die eigentlich hätte niemals gebaut werden können. Zumindest war das das Ergebnis der beratenden Experten der griechischen Ingenieurskammer, kurz vor der Veröffentlichung der Ausschreibung für die Brückenkonstruktion der zum damaligen Zeitpunkt längsten Hängebrücke der Welt. Der nicht tragfähige Untergrund, die tektonische Verschiebung, starke Winde und die seismische Aktivität waren die Hauptbedenken der Experten, trotzdem wurde der Bau nur wenige Jahre später begonnen. Jetzt steht sie da und thront über dem Meer, aber wer weiß schon was passiert, wenn die Erde das nächste mal bebt.
Wir jedenfalls sind am nächsten Tag ohne Zwischenfälle unter der Brücke hindurch gefahren und waren ab da im Ionischen Meer. Am Abend gingen wir vor Anker vor der Ostküste von Oxia. Oxia ist schroff, zerklüftet und die Hügel fallen steil ins Meer ab. Eine wilde Schönheit. Das fand auch der Emir von Qatar, der Oxia zusammen mit fünf weiteren Inseln für lächerliche 8.5 Millionen Euro zum Schnäppchenpreis erstand. Wir gingen im tiefen Wasser vor Anker und zogen Moyas Heck mit einer Leine zum Land. Wir badeten im dunklen Wasser, die Jungs spielten mit Tilly Fährboot und genossen den Abend. Zumindest bis eine riesige, brechende Welle an der Küstenlinie entlang auf uns zurollte. In der Dunkelheit sah ich nur die weißen Schaumkronen, hörte das Rauschen und war entsetzt die Welle auf uns zu kommen zu sehen. Die Wellen waren so groß, dass unsere Leine teilweise mindestens einen Meter unter Wasser gewesen sein muss, Moya rollte ein bisschen, dann wurde es wieder ruhiger. Einige Minuten später fand dasselbe Spiel erneut statt, nur weniger drastisch. Auch heute Morgen wurde ich von dem Geschaukel geweckt. Die vorbei fahrenden Fähren waren die Übeltäter, ihre Bugwellen treffen in Oxia ungebremst auf die Küste und werden munter reflektiert. Trotzdem war die einsame Bucht ein wahres Juwel.