Half of his life on a sail boat
Unser Kleinster ist vier...
und verbrachte inzwischen fast sein halbes bisheriges Leben an Bord von Moya. Schon mit drei Monaten startete er damals auf seinen ersten großen Törn, von der Ostsee, entlang der europäischen Atlantikküste, bis nach Nazaré in Portugal. Inzwischen hat sich Einiges geändert: anstatt im Salon herumzuliegen, flitzt er jetzt durchs Boot. Seine Stoffwindeln haben wir Großteils in Papua Neuguinea verschenkt und sind gar nicht unglücklich darüber, das unsere Windelwaschmaschine nicht mehr gebraucht wird. Den Kinderwagen haben wir erst gegen den Tragegurt und Laufrad, später gegen Trekkingsandalen eingetauscht. Die Schwimmweste trägt er zwar immer noch, aber wir sind etwas entspannter geworden, denn seit einigen Tagen taucht und schwimmt er, zwar noch im Hundestil, aber immerhin, der Kopf bleibt über Wasser. Mit knapp drei Jahren konnte er schon einen Palstek knüpfen, er turnt trotz Schaukeln sicher durchs Schiff, Seekrankheit kennt er nicht, selbst wenn wir richtig eins auf die Mütze bekommen und auch sonst merkt man immer wieder, dass er ein richtiger kleiner Seemann ist.
Für Joni war es also kein Problem seinen vierten Geburtstag in der Mitte des indischen Ozeans zu verbringen. Für ihn ist es der normalste Ort der Welt. Joshi, Mama, Papa und Moya sind ja dabei. Nur die Geburtstagsvorbereitungen waren etwas beschwerlich. Kuchenbacken auf See ist nicht immer ganz easy. Vor allem am ersten Tag der Passage, wenn die Seebeine noch fehlen, ist es eine Herausforderung für meinen Magen und ein Kraftakt die bleischweren Extremitäten zu bewegen. Das Rollen des Schiffs im Passatwind ist in der Pantry auch nicht sonderlich hilfreich, man kann nichts eben mal ablegen, da das Etwas sonst innerhalb Sekunden erst auf die eine, dann auf die andere Seite des Schiffs und wieder zurück fliegt. Der Geburtstagskuchen fiel somit etwas simpler aus, aber einen Schokoladenüberzug mit einer großen 4 aus Smarties sollte er wenigstens bekommen. Hinterher weiß ich, dass das wohl keine allzu gute Idee war, sondern ein regelrechter Kampf gegen nicht schmelzen wollende Schokolade und heißes schwappendes Wasser. Der gebackene Kuchen kam nämlich auf den einzigen sicheren Ort am Schiff, den kardanisch aufgehängten Ofen, so dass die Schokolade entsprechend in einem durchs Spülbecken rutschenden Gefäß im schaukelnden, kochendem Wasser geschmolzen wurde. Sie wehrte sich so gut sie konnte, ich fluchte, aber am Ende war die Schoki zwar überall in der Küche verteilt, aber der Großteil immerhin auf dem Ananaskuchen. Es hatte sich gelohnt, Joni freute sich und war ganz stolz, dass der Kuchen extra für ihn war. Allerdings werde ich Joni bei diesen Bedingungen seinen anderen Geburtstagswunsch, selbstgemachte Spätzle, leider nicht erfüllen können, das werden wir später nachholen.
Durch unsere große Kosmetikaktion für Moya, waren die Geschenke zwar eingekauft, aber noch nicht eingepackt. Das holte ich während meiner Nachtwache heute nach und wurde gerade rechtzeitig zum Segelreffen fertig.
Zurück im Passat
Der Wind hatte zugelegt und wehte jetzt mit 25 Knoten direkt von achtern - zu viel für die voll gesetzten Tücher. Die von hinten heran rollenden Wellen, drückten Moya von einer Seite auf die andere. Noch steuerte unser Windpilot ganz ordentlich, aber der Druck war spürbar in den ausgebaumten Segeln und unsere Lady schlingerte ein wenig. Die Genua stand ausgebaumt auf der Luvseite, die Fock und das gesicherte Grosssegel auf der Leeseite, Moya fegte mit 8 Knoten Richtung Westen. Durch den von hinten wehenden Wind und die Wellen bestand die Gefahr, dass in einem unglücklichen Moment der Wind von der falschen Seite ins Grosssegel blies - ich verringerte daher die Segelfläche, der Druck und das Schlingern ließen nach.
Nach 3 Monaten am Wind segeln, segeln wir seit gestern wieder vor dem Wind, was das Vorankommen deutlich erleichtert. Seitlicher Wind wäre zwar noch besser, aber mit Wind von hinten kommen wir wenigstens sicher und planbar zu unserem Ziel. Mit Wind, Welle und Strömung direkt gegenan, kann es ungemütlich, langsam und manchmal sogar unmöglich werden sein Ziel zu erreichen. Das Letztere blieb uns zum Glück bisher erspart (klopf, klopf auf Holz). Dennoch kämpften wir in den letzten Monaten öfter, da wir nicht nur Wind sondern auch die Strömung fast ausschließlich gegen uns hatten. Wir genießen nicht zuletzt deshalb momentan die schnelle Rauschefahrt über die Wellen des indischen Ozeans ganz besonders. Nach weniger als zwei Tagen liegen bereits 245 Meilen in unserem Kielwasser, Banda Ache und die Nicobaren sind fast schon querab und Sri Lanka liegt nur noch 940 Meilen gegen Westen.