Indic Ho!
Auch formal haben wir es jetzt in den Indischen Ozean geschafft. Spätestens gestern sind wir aus der Arafura Sea in die Timorsee, die zum Indischen Ozean gehört, gesegelt. Mr. Indik begrüßt uns zunächst mit spiegelglattem Wasser und tropischer Sonne ohne jegliches Wölkchen am Himmel. Nicht ein Hauch bewegter Luft ist zu spüren, wir sind nicht nur im Indik, sondern auch in den Doldrums, der Innertropischen Konvergenzzone ITCZ, angekommen.
Bis wir den Indik in Kürze wieder verlassen, um ins australasiatisches Mittelmeer abzubiegen, dem Meer das Pazifik und Indik von einander trennt und eigentlich fast alle südostasiatischen Inseln umspült, werden wir noch einige Zeit in den Doldrums verbringen. Im Sommer verschiebt sich die ICTZ nach Norden, so dass man in Indonesien eher mal mit einem Lüftchen rechnen kann. Jetzt im Winter wandern die Hochdruckgebiete wieder weiter nach Süden, so dass die ICTZ mit all ihren Flauten direkt über dem äquatorialen Raum liegt. Zum Segeln ist das eher schlecht, wie wir schon in Panama erfahren haben, als wir fast zwei Wochen gebraucht haben, um die nur 900 Meilen in den Doldrums von Panama City nach Galapagos zu segeln. Auch dort wehte fast kein Lüftchen, aber es war überraschend kühl, so dass wir nachts um ein Haar die Fleecejacken herausgeholt hätten, da die Meerestemperatur von kalten Meeresströmungen auf gerade mal 19°C gedrückt wurde, mitten in den Tropen, wo das Wasser normalerweise um die 30° C warm ist.
Hier denken wir auch nachts nicht an Fleecejacken oder gar Socken, sondern überlegen schon, ob wir das Essen einstellen sollen, um unseren Energiehaushalt zu dämpfen. Wir schlafen nachts ohne Decken und maximal einem Höschen, um die Kühle des leisesten Luftzugs auf der Haut spüren zu können. Das Thermometer zeigt konstant Temperaturen über 30° C an, auch nachts. Das Cockpit wird zu meinem Lieblingsort zum Schlafen, auch wenn Christian die Cockpitkissen für die Wachen im Salon auf dem Boden ausgelegt hat - lieber schlafe ich auf hartem Teakholz, als in der Achterkabine zu schmelzen. Auch die Kinder kämpfen mit der Hitze, beide sind schon von Hitzepickelchen übersäät, obwohl wir sie inzwischen vor dem ins Bett gehen abduschen und mit feuchten Haaren ins Bett schicken.
Gerade in der zweiten Nachthälfte schläft der Wind hier seit Tagen jedesmal komplett ein und macht das Schlafen schwierig. Am Nachmittag und frühen Abend erreicht der leise Zug seinen Hochpunkt mit 8-10 Knoten. Wir setzen also jeden Morgen nach dem Aufstehen unseren Blister und sammeln tagsüber jeden Hauch ein, um nachmittags ein bißchen Fahrt durchs Wasser zu machen. Ab 3 Uhr morgens müssen wir dann wieder motoren, da sich selbst der Blister nicht mehr aufbläht, trotz glatter See. Nördlich der indonesischen Inseln wird es vermutlich noch weniger Wind geben, Moya wird wohl zum Motorboot werden. Das ist ganz besonders doof, da man in Indonesien so schlecht Diesel tanken kann. Bootstankstellen gibt es dort wohl nicht, stattdessen schleppt man Kanister! Mal sehen, ob wir nicht doch irgendwo eine finden. 750 Liter Diesel in Kanistern und Dingi zu transportieren sind wirklich keine schöne Vorstellung.
Nichtsdestotrotz ist die glatte See ist von ganz besonderer Schönheit, wenn sie wie ein großes durchsichtiges Tuch unter Moya liegt und man meint bis auf den Grund des 2000 Meter tiefen bläulich funkelndem Wasser sehen zu können. So kann man sich die Kraft der Elemente nicht im entferntesten vorstellen. Ich könnte dann Stunden vorne am Bugspriet sitzen und einfach nur in die funkelnde Tiefe schauen und die Ruhe genießen, besonders bei Sonnenaufgang, wenn die Kinder im besten Fall noch schlafen, ist das ein magischer Ort.
Die gute Seite von gar keinem Wind ist, dass wir unter Motor gut voran kommen, es sind nur noch 175 Meilen bis zum Ziel. Gestern haben wir aber erstmal unsere Ankunft im Indik gefeiert. Es gab Limo, kaltes Wasser (die positive Seite an unserem leeren Kühlschrank) und eine Improvisations-Lasagne aus Corned Beef, Mais, Dosentomaten und Kürbis, das war überraschend lecker! Dili wir kommen.