In awe at mount Yasur
Die Menschen kommen nach Tanna wegen ihm - Mount Yasur. Kein Wunder, wann hat man den sonst die Möglichkeit einen aktiven Vulkan zu besuchen. Neben dem Vulkan hat Tanna zwar viel zu bieten, allerdings nicht im klassisch touristischen Sinne. Es gibt wunderbar dichten Regenwald, viele kleine Pfade zum Wandern, tolle Strände und viele kleine authentisch traditionelle Dörfer, allerdings wenig Infrastruktur. Die Insel ist kaum entwickelt, die 35 km lange Fahrt von Port Resolution nach Lenakel auf der Westseite der Insel führt auf Dschungelpfaden, die gerade noch mit einem Allrad Geländewagen befahrbar sind. Um bis nach Lenakel zu kommen müssen an regenfreien Tagen zwei Stunden eingeplant werden, wenn es regnet kommt man gar nicht dort hin, weil die Erdpfade in großen Teilen davon gespült werden. In der Regenzeit ist Port Resolution somit abgeschnitten. Mit dem (fast?) einzigen Auto des Dorfes ließ sich Christian zusammen mit den Crews von Bright Moments und Josida früh morgens abholen und über die Insel schaukeln, um unsere Zollschulden zu begleichen. Nicht nur wegen der saftigen pro Nase Taxipreise blieben die Kinder und ich an Bord und beseitigten das Chaos der letzten Überfahrt, backten Brot und Hefezopf als Proviant für unsere bevorstehende Vulkanexpedition am Nachmittag. Die Holperpiste mit den tiefen Löchern und weg gewaschenen Rinnen vom letzten Regen, umrundete zuerst den Vulkan, führte dann an vielen kleinen Häuser im Dschungel vorbei bevor sie letztendlich auf einer ausgebauten Straße mündete. Am Wegrand unter kleinen Unterständen wurde Benzin in Flaschen verkauft. In Lenakel selbst war das wenige Obst und Gemüse, das heute, an einem Nicht-Markt-Tag, angeboten wurde, kunstvoll und rein ökologisch verpackt, der Salat war in Bananenblätter eingeschlagen, die Karotten in Körben aus geflochtenen Palmwendeln erhältlich und die Mandarinen an den Stielen um Holzstöcke herum geflochten. In einer Stunde musste, die Liste abgearbeitet werden bevor es dann wieder mit dem Auto zurück nach Port Resolution ging: Zoll, Immigration, Gemüse, Eier, Obst und SIM Karte einkaufen.
Dort wurden wir eingesammelt um dann noch einmal zum Mount Yasur zurück zu fahren. Beziehungsweise bis zum Eingangstor, der Firma, die sich des Berges bemächtigt hat. Mit absoluten Monopol bieten sie hier die teuren Vulkantouren an, mit ungewissem Geldfluss ins Nirgendwo. Strengstens achten die Mitarbeiter darauf, dass jeder am Tor ein Ticket kauft, bevor das heilige Gelände betreten werden darf. David von der Josida war während der Einführungsveranstaltung bereits auf den Vulkan geklettert und zurück gekommen um Linda abzuholen, woraufhin er gefragt wurde noch einmal Eintritt zu zahlen, schließlich besuche er Yasur denn heute schon zum zweiten Mal - ernsthaft? Naja, die Menschen sind hier wirklich arm, allerdings ist dieses Verhalten kaum in Einklang zu bringen mit den Dorfbewohnern, die mit offenen Armen Früchte verteilten. Man kann nur hoffen, dass etwas vom Kuchen auch an sie weitergereicht wird und nicht alle Stücke bei der Vulkanmafia hängen bleiben. Und der Kuchen ist gar nicht so klein, alleine 60 Touris wollten gestern den Vulkan bestaunen, fast alle nur eingeflogen um dieses Naturschauspiel zu sehen.
Auf der Ladefläche eines Jeeps fuhren wir den Berg hinauf. Die letzten Höhenmeter wanderten wir dann über ein Meer aus Asche, Staub und dunklem Lavasand, bis ganz hinauf zum Kraterrand. Oben ging es steil hinab in das dunkle immer wieder rumpelnde Loch aus dem mal weniger, mal mehr braun schwarzer Rauch aufstieg. Kein Warnschild, kein Geländer, nur ein bißchen Luft, trennten uns vom brodelnden Erdinneren. Der Wind blies scharf von hinten. Meine Hände schlossen sich fest um Joshuas und Jonathans Hände und meine Füße gingen lieber zwei Schritte zurück, weg von dem tiefen rauchenden Loch - und das war bevor es zum ersten Mal laut knallte und rötliche Brocken aus dem dunklen Rauch geschleudert wurden. Nicht bis zum Kraterrand, 50 Meter weiter unten spielte die Musik, aber das war trotzdem ziemlich nah. Während ich vor Schreck zuckte war den Jungs keine Angst oder Unbehagen anzumerken. Wir hatten vorher darüber gesprochen, dass der Vulkan überwacht und bei zu hoher Aktivität gesperrt wird. Das hat unser Kopfkind beruhigt, Joshua hat mit Enthusiasmus Lavafetzen gezählt, die mit sinkender Sonne immer besser zu sehen waren. Dann war die Sonne weg, das dunkle Loch, leuchtete von tief unten rot, wurde immer röter, bevor die Magmablase da unten mit großem Knall in sich zusammenfiel. Wir waren alle angemessen beeindruckt. Joni kommentierte „ich war davor noch nie auf einem aktiven Vulkan“ - da bist Du nicht alleine!