Schaffen, Schaffen ...
... Schiffle bauen
"Wir kommen ja gut voran" sagte Christian am Abend des zweiten Tages unseres Arbeitsurlaubs an der Ostsee. "Wirklich?" Fragte ich aufrichtig überrascht "Eigentlich haben wir bisher doch erst einen Geräteträger aufgestellt." Christian hatte zwei Tage geschraubt, gebohrt und verkabelt, und doch hatten wir zu diesem Zeitpunkt erst einen der 50 Punkte auf unserer To-Do-Liste abgearbeitet. Die Edelstahlrohre des Geräteträgers mussten vor dem Aufstellen vorbereitet werden. Da sie später den Windgenerator, die Solarzellen sowie GPS und Wlan Antennen tragen sollten, mussten neue Kabel eingezogen, neue Löcher zum Anbringen der Geräte und eines der Rohre verlängert werden. Während Christian mit der Elektrik beschäftigt war, bin ich auf Schatzsuche gegangen und habe alle Fächer von Moya ausgeräumt, ausgemistet, umsortiert und verräumt. Die Kinder waren mit den Großeltern (sie haben uns an die Ostsee begleitet - ganz herzlichen Dank) unterwegs, so dass wir Zeit hatten zu arbeiten. Das war wirklich eine sehr große Hilfe, gefühlt geht die Arbeit mindestens dreimal so schnell ohne Kinder die einem zwischen den Beinen durch wuseln.
Nach 5 Tagen dachte ich, ich kenne jeden Winkel, alle Werkzeuge und Ersatzteile von Moya. Eine Sache hatte ich beim Durchsehen aber nicht gefunden: die Schleifmaschine - und die brauchten wir unbedingt zum Ausbessern der Roststellen.
Nach einer Woche konnten wir dann doch einige Punkte unserer langen Arbeitsliste abhaken: ein Gestell für die Solarzellen war gebaut, die Zellen waren zwischen den Geräteträgern angebracht, der Windgenerator und die Windsteueranlage waren montiert, Name und Heimathafen war nun aufgeklebt und die Leesegel an die Kojen geschraubt. Allerdings wurde immer klarer, dass wir wohl nicht alle Arbeiten in unserem Urlaub abschließen werden - trotz spontaner Urlaubsverlängerung um 2 Tage.
An Himmelfahrt gab es dann ein Fest im Museumshafen (dem Liegeplatz von Moya), Würstchen wurden gegrillt und eine Live-Band spielte. Joshua fand das toll, mischte sich gleich unter die Leute und zog Christian voller Neugier bis zur Bühne. Er kommentierte "Musik Ohren Aua" und wir durften ihn dann auch wieder wegbringen. Die Voreigner unseres Schiffes Dieter und Adolf haben sich das Fest nicht entgehen lassen und auch bei uns vorbeigeschaut. Es war sehr schön die Zwillinge wieder zu sehen. Außerdem konnten wir bei der Gelegenheit noch einige Fragen stellen. So kamen wir auch auf die vermisste Schleifmaschine zu sprechen. "Darf ich mal eben?" meinte Dieter und verschwand nach Bejahung in der Achterkabine und dann im Maschinenraum. Eine Minute später stand er mit der Schleifmaschine vor uns. Ich habe Bauklötzchen gestaunt, dass es immer noch Ecken gibt die ich nicht kannte und Christian meinte "Ein Glück, dass die Beiden da waren, die Schleifmaschine hätten wir vermutlich erst gefunden, nachdem wir eine neue gekauft hätten". Moya ist das reinste Platzwunder, jeder Zentimeter wurde ausgenutzt und die Aufteilung ist wirklich gut durchdacht. Wahnsinn, dass Dieter und Adolf das alles selbst geplant und gebaut haben.
Trotz Allem ist der Platz nur endlich und man muss auf einem 12 Meter langen Boot Kompromisse schließen. Schon bevor wir an die Ostsee gefahren sind haben wir uns viele Gedanken um unseren Kinderfuhrpark gemacht. Da der schwere, große Babykinderwagen nur sehr schwierig über den schmalen Bugspriet an Bord zu kriegen ist, haben wir ihn zu Hause gelassen. Statt dessen, haben wir uns einen Faltbollerwagen gekauft. Der ist zum einen praktisch um Einkäufe und Taschen an Bord zu bringen, zum anderen passen Jonathan in der Babyschale und Joshua hintereinander hinein. Da wir nicht so recht wussten, ob unser Bollerwagengespann praktikabel sein wird, hatten wir als Backup noch Buggy und Tragegurt dabei. Das Konstrukt hat den Test bestanden, beide Kinder fanden es toll mit dem Wagen gezogen zu werden und als positiver Nebeneffekt kam man auch noch schnell mit Leuten ob des ungewöhnlichen Gespanns ins Gespräch.
Am Ende des Urlaubs sind nun doch die wichtigsten Arbeiten erledigt: die Unter- und Mittelwanten sind ausgetauscht, das Kurzwellenfunkgerät und die Dusche installiert und der schwarze Festmacher ist nun Dank Windgenerator und Solarzellen bis auf Weiteres obsolet. Das ist schon ein tolles Gefühl seine Energie nur durch Sonne und Wind selbst "herzustellen". Außerdem konnten wir die Windsteueranlage sogar auf einem kurzen Schlag auf der Ostsee testen. Unser erster Eindruck von unserem Windpilot ist super, er hat Moya auf allen Kursen gesteuert und das auf Anhieb ohne Optimierung des Trimms. Die erste Runde im Kampf gegen den Rost ist bestritten, ein Fenster aus und wieder eingebaut (damit wir wissen wie das geht) und das Schiff vermessen. Natürlich gibt es immer noch viel zu tun, zum Glück aber nur noch wenige Arbeiten die zwingend vor unserer Abfahrt erledigt werden müssen :-)
Die erste kurze Fahrt mit dem Boot hat Jonathan prima mitgemacht, er lag in seinem Hängebettchen, hat geschaukelt und dabei neugierig in der Gegend herumgeschaut. Joshua fragte mich morgens noch ob wir sein Angelspiel auch mitnehmen, wenn wir mit dem Boot fahren und war dann total happy, dass alle seine Spielsachen auf die Fahrt mitkommen. Die Fahrt durch die Schlei fand er sehr spannend es gab ja so viel zu sehen, dann ist er selig eingeschlafen.