Manoeuvring in the Suez Canal
Kanal Deals
Zum gefühlt hundertsten Mal wurden unsere Pässe geprüft, dieses Mal kamen die Immigration Officer dafür zusammen mit dem Pilot zu Moya heraus getuckert, die Gesichter argwöhnisch betrachtet und schließlich für in Ordnung befunden. Nach dem letzten Dicken des nach Norden fahrenden Convoys durften wir in den Kanal. Mohamed, unser Pilot und Advisor, lotste uns zunächst aus dem Yachtclub heraus zu zwei davor wartenden Fischerbooten. „I need you to moor“, sagte er in seinem kaum vorhandenen Englisch und zeigte auf die Boote. Nach kurzem Telefonat mit der Marina fanden wir heraus, dass wir an den Booten festmachen sollten, um durch den Kanal geschleppt zu werden. Das ginge schneller. Was wie eine offizielle Aufforderung klang, war tatsächlich nur ein weiteres Mal eine Möglichkeit Geld zu verdienen. Vermutlich hat das schon das ein oder andere Mal funktioniert, aber nicht bei Christian, der den Deal sofort durchschaute und an den Booten vorbei knatterte - mit 9 Knoten. Der Tidenstrom schob kräftig Richtung Norden und tatsächlich waren die Fischer auch nicht schneller als wir. Bald war das erste Containerschiff direkt vor uns. Mohamed wies uns an, es links zu überholen. „Ok! Aber war Überholen nicht genau das, was die Kanalbehörde nicht wollte und uns deshalb nach den Dicken, die normalerweise sehr viel schneller unterwegs sind, in den Kanal schickte?“ Inshala! Wir zogen vorbei, immer schön an der linken Seite des Kanal. Ab und zu wichen wir kleinen Fischerböötchen aus. Im Lake Bitter, warteten die Großen dann bis der südwärts laufende Convoy vorbei war und stießen dunkle Russschwaden in die stehende, heisse Wüstenluft. Wir durften weiterfahren, entgegen der Fahrtrichtung der Dicken. Am Nachmittag, Mohamed hatte inzwischen zwei Mal gebetet und war trotz der Hitze nicht einmal zu einem Schluck Wasser zu überzeugen, zog wie jeden Tag ein Sandsturm auf. Der blaue Himmel, war jetzt beige-gelblich, die Boote vor uns nur noch schlecht zu erkennen und das Vorankommen wurde mühsamer. Wir hatten es aber fast schon geschafft. Ismailiah war nur noch 30 Minuten entfernt.
Dort angekommen, setzten Melipal und Windchase ihre Piloten am Steg ab und gingen vor Anker. Um 17 Uhr legten wir direkt am Anleger an und blieben auch dort, nebenan war ein Spielplatz und es gab ein kleines Restaurant. Die Festmacher waren gerade vertäut, als Peter von Melipal über Funk Bescheid gab, dass sie auch an den Steg mussten. Er hatte einen Anruf von Captain Heebi bekommen, dass sie sonst am nächsten Tag nicht weiterfahren dürften. Da hatte sich wohl jemand aus dem Club bei Heebi beschwert. Christian kommentierte mittlerweile ein bisschen zynisch: „Warum ankern da 42 USD, die doch eigentlich in die Kasse des Clubs gehören?“ Windchase und Melipal hatten keine Alternative, legten grummelig an und vernichteten ihre letzten Alkoholvorräte. Um kurz nach 20 Uhr, wir hatten gerade zu Abend gegessen, klopfte es an unsere Bordwand. Ein Mann informierte uns, dass sich ein amerikanisches Kriegsschiff für den nächsten Tag angekündigt hätte und der Kanal deshalb gesperrt würden werde. Für bedeutete das ein weiterer Tag in Ismailiah. Ich dachte mir: „Für uns kein Problem, wir sind ja ohne Zeitdruck unterwegs.“ Vielmehr beschäftigte mich was Trump da eigentlich vorhat. Erst letzte Woche war der Flugzeugträger Abraham Lincoln mit der zugehörigen Armada durch den Kanal Richtung persischer Golf gegangen und nun noch ein Kriegsschiff der Amis!
Peter wollte sich mit der Situation nicht zufrieden geben und rief Captain Heebi an. Um 23 Uhr war dann ein Kompromiss gefunden. Wir würden morgens um 4 Uhr starten, so dass wir vor dem Kriegsschiff aus dem Kanal wären. Allerdings müssten wir noch den Yachtclub bezahlen und von Immigration kontrolliert werden. Um 1 Uhr war dann auch das geschafft, die Geschäftszeiten während des Fastenmonats sind deutlich in die Nacht verschoben, und wir legten uns in die Kojen.
Angekommen im Mittelmeer
Bereits 3:50 Uhr klopfte es. Es war noch stockdunkel. Ein neuer Mohamed Pilot kam an Bord und hatte es eilig loszukommen. Der sympathische Mann und Vater von 5 Kindern hatte uns ägyptisches Gebäck mitgebracht. Ich strahlte ihn an und bot ihm Kaffee zum Frühstück an. Obwohl es noch Nacht war, lehnte er ab, er würde fasten, kein Essen und Trinken nach dem Morgengebet. Wir legten also ohne Frühstück ab und tuckerten Richtung Norden. Müde! Um 8:00 Uhr waren wir schon an der Abzweigung nach Port Said. 25 Knoten Wind drückten von Westen, das erste Mal seit langem war die Luft kalt. Ich zog meinen Fleece Pulli und eine Windjacke an. Zwei Stunden und einige Selfies später setzten wir Mohamed auf einem Pilotboot ab, zogen die Tücher hinauf und wagten uns hinaus in die aufgewühlte See und das Tonnenlabyrinth vor der ägyptischen Küste. Wir sind im Mittelmeer.