The Arafura Sea is blue again
21:45 Uhr: Der Timer hört nicht auf zu piepen. Joni wird wach und ich auch. Ich bringe Joni etwas zu Trinken, er schläft sofort wieder ein und schaue danach ins Cockpit. Christian sitzt am Steuerrad und schaut etwas nervös auf unsere Backbordseite. Das Großsegel ist dichtgeholt. Nur wenige Meter von Moya entfernt erkenne ich nun ein kleines weißes Boot sich gegen das schwarze Wasser abzeichnen. Es driftet oder liegt vor Anker, sein kleines Lichtlein ist so dunkel, dass es fast nicht von den Sternen zu unterscheiden ist. Vermutlich ein Fischer. Ich frage mich, ob er schläft oder einfach darauf vertraut, dass ihm die Schiffe, auch die ganz Dicken, die hier regelmäßig an uns vorbeifahren, aus dem Weg gehen. Genau wie die anderen Fischer, die wir seit ein paar Tagen immer wieder angetroffen haben, sieht man ihn auf dem AIS nicht. „Haben wir sein Netz erwischt?“ frage ich Christian, er schüttelt den Kopf und meint „Nein, ich denke jetzt sind wir vorbei, ohne Navigationslichter war das gar nicht so einfach.“ Beunruhigt lege ich mich wieder hin, ohne vernünftige Beleuchtung und AIS Signal war es schon Glück, dass Christian das Boot gesehen hat. Mir fallen die Geschichten wieder ein, die ich von der letztjährigen Sail2Indonesia Rally gelesen habe: Bei der Rally haben sich hier in der Arafura See einige der teilnehmenden Yachten in unbeleuchtete Fischernetze verheddert, dabei teilweise sogar ihr Ruder verloren und drifteten danach manövrierunfähig im Wasser bis sie abgeschleppt wurden. Das trägt nicht wirklich zu einem entspannten Nachtschlaf bei, auch wenn ich weis, dass Moya mit ihrem langen Kiel und dem geschützten Ruder weniger anfällig für ein Festsitzen im Fischernetz ist, wie die meisten anderen Yachten.
4:30 Uhr: Ich liege im Cockpit, die Milchstraße mit ihren Millionen Sternen über mir. Sie werden schon langsam blass, denn hinter mir am Horizont sieht man die Wolken schon am nicht mehr schwarzen, sondern nun dunkelblauen Himmel. Die Dämmerung fängt hier schon früh an. Moya schneidet wie ein Messer durchs leicht gekräuselte Wasser, der Fahrtwind fühlt sich angenehm kühl an. Seit ein paar Minuten ist die Maschine am Arbeiten, der Wind ist gestern immer schwächer geworden und nun ganz weg.
6:30 Uhr: Die Kinder sind gerade wach geworden. Es sind bereits 32 Grad im Schiff. Wir frühstücken, danach verschwinden Christian und ich auf das Vordeck. Der Windmesser zeigt wieder 6 Knoten Wind an, vielleicht gerade genug für unser Asymmetrisches? Wir baumen auf Backbord die Genua aus, nehmen das Großsegel herunter und setzen unseren Blister auf der Steuerbordseite. Das schwache Lüftchen füllt das leichte Tuch, das nun wie eine Wand vor Moya am Himmel steht, und zieht unsere Lady mit 3 Knoten durchs Wasser. Über Grund segeln wie sogar mit einem Knoten mehr. Vermutlich gibt es hier eine Tidenströmung, jeden Nachmittag und in der zweiten Nachthälfte ist der Strom gegen uns, am Morgen und Abend mit uns.
8:00 Uhr: Joshi und Joni fangen an ein Piratenschiff zu basteln.
11:00 Uhr: Delfine schauen bei uns vorbei und spielen ein bißchen mit Moya. Sie gleitet so ruhig durchs Wasser, dass man die Delfine auspusten und miteinander reden hört. Schon nach 10 Minuten schwimmen die bis zu 3 Meter langen Säuger wieder weg, Rauschefahrt macht ihnen wohl mehr Spaß. Mir fällt auf, dass das Wasser nicht mehr türkis ist, so wie die letzten Tage, sondern dunkelblau und der Blick auf das Echolot bestätigt meine Vermutung: Das Wasser ist wieder über 100 Meter tief. Gut so, die Fischernetze sind eher im flacheren Wasser.
13:00 Uhr: Es gibt Milchreis und Pfirsiche aus der Dose, dann setzten wir den Sauerteig zum Bortbacken an. Zum Nachtisch wird im Cockpit gelesen.
14:15 Uhr: Wir werden von einer Schule Delfine unterbrochen, Joni sieht sie zuerst, zeigt aufs Wasser hinaus und ruft „Wale!“ Bestimmt 20 Tiere spielen ganz übermütig mit Moya. Einer springt sogar komplett in die Luft, dreht sich auf den Rücken und lässt sich der Länge nach ins Wasser platschen. Joshua ist schwer beeindruckt. Danach lesen wir weiter. Das Doppelte Lottchen von Erich Kästner gefällt Joshi und Christian so gut, dass ich erst aufhören darf, als das komplette Buch fertig gelesen ist. Mein Hals ist ein bißchen rau, aber inzwischen bin ich das lange Vorlesen gewohnt. Es ist schon fast zum täglichen Ritual geworden, jeden Nachmittag ein neues Kinderbuch aus unserer großen zusammen getauschten eBook Kinderbibliothek zu lesen.
16:00 Uhr: Wir kühlen uns ein bißchen ab, aber nicht im Meer, sondern mit der Dusche. Danach kneten wir den Brot- und Pizzateig fürs Abendessen.
19:00 Uhr: Unser Spi und die Genua stehen nach dem Abendessen immer noch unangetastet am Himmel. Eigentlich wollten wir nachts ja nicht mehr blistern, aber so mühelos und angenehm sind wir schon lange nicht mehr voran gekommen. Squalls gab es bisher auch noch keine, also versuchen wir es heute Nacht unter Leichtwindsegel.