Environmental police at the reef
Die letzten Tage war es am Südpass so ungemütlich, dass wir gestern die Flucht nach Norden ergriffen haben. Moya stampfte an ihrer Mooringboje, mit jeder Welle, die sich über das gesamte Atoll aus Norden aufbauen konnte, hob sich erst ihr Bug, dann das Heck bevor es bestimmt über einen Meter wieder ins Wasser knallte. Ich kriegte in der Nacht fast kein Auge zu, hörte die Badeleiter scheppern, die sich aus ihrer Halterung gelöst hatte und das Seil von Tilly knarzen. Selbst als beide Problemchen beseitig waren blieben die Augen offen, weil mich jede Welle fast aus der Koje katapultierte. Tagsüber war es kaum besser, der Wind pfiff aus Nordwesten, an Schnorcheln war kein Gedanke zu verschwenden und selbst mit Tilly zur Insel übersetzen war abenteuerlich.
Eigentlich wären wir so gerne noch einmal im Pass geschwommen, aber das Gestampfe wollten wir uns nicht noch weiter antun. Die Grib-files lagen mit der Wind Richtung mal wieder falsch, so dass wir auch nicht wirklich wussten wie lange das noch so gehen würde. Auf der Fax-Wetterkarte sahen wir, dass zwei Hochdruckgebiete mit einem Tiefdruckausläufer im Süden vorbeizogen. Fakurava befand sich in der Verlängerung der Kaltfront, wo die beiden Windsysteme aufeinander treffen und die computerberechnete Vorhersage deshalb mal wieder nicht so richtig weiß von wo der Wind herkommen soll. Das Pazifikwetter ist gar nicht so einfach zu verstehen wie man meinen könnte. Obwohl wir hier in den Tropen sind wird das Wetter hier immer wieder durch das Winterwetter im Süden beeinflusst. Wir lesen fleißig und wissen jetzt schon mal, das wir besser auf die Wetterkarte und weniger auf die Grib-files schauen sollten.
Moya liegt seit gestern in Tapehopu in der Mitte von Fakurava am östlichen Aussenriff. Hier waren die Bedingungen deutlich besser, wenn auch nicht gemütlich. An Land gibt es ein kleines Haus in dem Getränke und Eis an Cruiser verkauft werden. Geblieben sind wir vor allem wegen des Internets, zu dem wir das ersten Mal seit Wochen Zugang haben - und natürlich wegen den Bajka Jungs. Die vier Kinder sind inzwischen eine richtige Rasselbande. Mit Stöcken, Seilen und wildem Geschrei mischen sie die Korallen und Einsiedlerkrebse auf und gehen auf Expedition. Heute waren sie die Umweltpolizei am Aussenriff und haben in angeschwemmten Eimern Plastikmüll aufgesammelt. Die Inselchen auf der Leeseite der Atolle waren bisher immer sehr sauber, aber auf die Luvseite von Fakurava treffen Wind und Wellen ungebrochen und spülen jede Menge Plastikmüll an - leider. Auf nur vier Quadratmeter sammelten wir genug Müll um einen 10 Litereimer zu füllen. Vor allem werden Seile, Bojen und zerbrochene Plastikwannen von Fischern angespült, aber man findet auch jede Menge Zahnbürsten, Plastikbesteck, Flaschen, Deckel, Schuhe und sogar Legobausteine. Wo der Müll hier im Nirgendwo herkommt? Keine Ahnung, nur von Fischern kann er jedenfalls nicht sein. Wenn es so schlimm ist wie heute, dann bin ich immer wieder entsetzt was wir Menschen hier tun. Wir werden auf jeden Fall damit weiter machen und jedesmal am Strand ein bißchen Müll zu sammeln, Kleinvieh macht ja bekanntlich auch Mist.
Als wir heute am späten Nachmittag dann auf dem Rückweg von unserer Mission „rettet die Ozeane“ ware, ist uns doch tatsächlich ein Segler mit einer Tüte Salat entgegen gekommen. Die beiden Köpfe strahlten mich an, so dass ich gar nicht anders konnte als zu fragen, wo die denn herkommen. Das letzte Mal eingekauft hatten wir im Mai, so dass unser Kühlschrank vor Leere gähnt und unsere frischen Sachen schon seit einiger Zeit absolute Mangelverwaltung sind. Tatsächlich leben wir momentan hauptsächlich von Konserven und trocknen Lebensmitteln, mehr als auf jeder Ozeanpassage. Jeden Abend wird es momentan schwieriger etwas Brauchbares auf den Tisch zu zaubern.
Nach einem fünf Minuten Marsch standen wir vor einem lilafarbenen Haus, davor hatte die Familie Tomaten, Paprika und Salat mühevoll zwischen leeren Kokosnussschalen angebaut und verkaufte auch an Segler. Die Kinder hätten mir nach dem Einkauf die Tomaten beinahe aus der Hand gerissen und haben dann beim Abendessen fast ihren Kopf nicht mehr aus der Salatschüssel gekriegt. Wie sehr man sich doch über frischen Salat freuen kann nach nur drei Wochen Abstinenz. Mir ging es genauso.