Bureaucratic monster
Fake
Nachdem wir uns nun schon seit zwei Wochen in Ägypten befinden und bisher nur Hotels, Restaurants und Touri Geschäfte gesehen haben, die fast die gesamte Küstenlinie von Port Ghalib bis zum Golf von Suez bedecken, wollten wir endlich das wahre Ägypten sehen. Es war zwar ganz nett seit fast zwei Jahren mal wieder Storck Riesen zu essen, im Touri Supermarkt Gouda und Salami einzukaufen, Abends ein Bier zu trinken und Burger zu essen, aber mit Ägypten hat diese eigens für die Touristen designte Welt wenig zu tun. Ganze Städte wurden von den Saudi Arabischen Ölscheichs für touristische Zwecke auf dem Reißbrett entworfen und aus dem Boden gestampft, inklusive Marinas, Schulen, Apartmenthäuser für die Angestellten, und natürlich jeder Menge Hotels. Port Ghalib, Abu Hasheesh, El Gouna sind nur Bespiele dafür. Wir können uns nicht vorstellen, dass sich diese Investitionen tragen, aber vielleicht tun sie es ja eines Tages?
Hurghada hat zwar einen alten Ortskern, wäre aber nur noch eine weitere Touristenstadt gewesen, also tuckerten wir nur an der Stadt vorbei und begutachten mit gutem Abstand die vielen Motoryachten im Hafen und Hotels dahinter. Wir wollten nach El Tur auf dem Sinai, um doch noch einen Blick hinter die Kulissen zu erhaschen.
Rausgeworfen
Auf Seglerblogs hatten wir gelesen, dass El Tur eine Besuch Wert sein soll, eingebettet zwischen den Bergen der Sinai Halbinsel, soll sie von Touristen weitgehend verschont sein. Nach einer weiteren Fahrt durch die Nacht warfen wir gestern Morgen bei Sonnenaufgang unser Eisen ins Wasser. Statt Tauchbooten, lagen Fischerboote neben uns, statt Hotels sahen wir Flachbauten an der Küste und eine Moschee. Zum ersten Mal in Ägypten hörten wir den Muezzin singen. Vielversprechend! Wir freuten uns auf unseren Landgang. Nach einem ruhigen Start in den Tag wässerten wir Tilly und tuckerten zu einem kleinem halb verfallenen Steg, an dem kleine Fischerboote vertäut waren. Wir stiegen aus und auf den Weg Richtung Stadt. Nach nur 10 Metern standen die Kinder und ich vor einem total verblüfften Ägypter in Flecktarn, die MP im Anschlag. Wir waren in eine militärische Stellung gelaufen. Hinter ihm war ein Loch im Boden ausgehoben mit Sandsäcken davor, daneben gab es zwei Unterschlupfe hinter Ziegelmauern und auf der Straße waren metallene Gebilde aufgebaut um eine Durchfahrt per Auto zu verhindern. Zwei weitere bewaffnete Männer kamen um die Ecke. Oh!
“Naja, kein Problem” dachte ich. Freunde von uns waren letztes Jahr auch hier mit dem Boot und waren von Soldaten kontrolliert worden. Wir zeigten unsere Papiere vor und schauten ihn ratlose Gesichter. Englisch sprach hier keiner. Schließlich wurden wir in ein klimatisches Büro gebracht, zum Chef in zivil, der konnte dann auch Englisch und prüfte unsere Visa. Obwohl wir haargenau dieselben Visa haben wie jemand der mit dem Flugzeug nach Ägypten reist, verweigerte er uns unseren Landgang. El Tur sei ein nationaler Hafen, wo wir als Ausländer keinen Stempel bekommen können. Er verstand sehr wohl, dass wir schon offiziell ins Land einreist sind und uns eigentlich frei im Land bewegen dürfen, trotzdem scheiterten wir, auch nur an den Strand zu dürfen. Er warf uns höflich hinaus.
Nach unzähligen Behördengängen meine ich nun endlich die irrwitzigen Regularien der Ägypter zu verstehen: Wer mit dem Boot nach Ägypten einreist, muss dies an einem internationalen Hafen tun und dort seinen Papierkram erledigen. Will man dann einen nationalen Hafen besuchen, benötigt man zusätzlich die Freigabe des internationalen Hafens der entsprechenden Region. Um El Tur zu besuchen müssten wir also, obwohl wir schon offiziell in Land eingereist sind, den internationale Hafen der Region Sinai in Sharm el Sheik besuchen und unsere Papiere prüfen lassen. Genauso hätten wir vermutlich in Abu Makhadiq vorher nach Hurghada gemusst, um an Land gegen zu dürfen. Dort wurde ein Auge zu gedrückt, wir haben ja auch “Marinagebühren” bezahlt - fürs Ankern, das allererste Mal überhaupt. Das 150 USD teure Cruising Permit, das wir in Port Ghalib erwerben mussten, hat somit den Wert von Klopapier. Mann, Mann, Mann! Komplizierter geht’s nicht mehr.
Vielleicht bekommen wir in Suez das wahre Ägypten noch zu sehen? Wir warten momentan, anlegen zu dürfen.